Freitag, 28. November 2008

Indien.

Andrew Hammel hat in seinem Blog anlässlich der Ereignisse der letzten Tage seine eigenen Gedanken zu Indien aufgeschrieben. Auf eine Art und Weise, und mit wenigen Worten und ein paar eindrucksvollen Bildern, die mir das Land letzendlich doch noch etwas näher gebracht haben.

Ich verstehe Indien nicht. Ich hatte noch nie die Gelegenheit, diesen Teil der Welt zu bereisen, und außer den hilfreichen Menschen in Bangalore, die mir von ihrem Callcenter aus helfen wenn mein Drucker mal wieder versagt, habe ich auch keinen wirklich brauchbaren Eindruck von diesem Land. Zwischen der zerfletterten Berichterstattung, und der nagenden Frage in meinem Kopf, warum man in Deutschland von Bombay und in den USA von Mumbai spricht, war dieser Blogeintrag das Einzige, was in der ganzen Informationsflut etwas Sinn ergeben hat.
Danke Andrew.

Donnerstag, 27. November 2008

Es tut sich was.



Es wird fleißig gebaut in der Hauptstadt. Der Tag, an dem der 44. Präsident der USA eingeschworen wird, rückt schnell näher, und während Arbeiter damit beschäftigt sind, die Bühne, auf der das Spektakel stattfinden wird, zu errichten, sind die Bewohner der Stadt dabei, ihre Häuser, Wohnungen und Zimmer an Schaulustige zu vermieten. Bis zu 4 Millionen Menschen werden am 20. Januar erwartet. Das ist eine unglaubliche Menge an Menschen. In der Stadt selbst leben gerade mal eine halbe Million Menschen. Dazu kommt nochmal eine halbe Million Pendler, die in DC arbeiten, aber außerhalb der Stadt wohnen. Selbst wenn man beide Gruppen zusammennimmt, kommt man gerademal auf ein Viertel der Menschenmenge, die für Obamas Amtseinführung erwartet werden.

Ich glaube, was genau uns an diesem Tag erwarten wird, weiß niemand. Ich hoffe nur, dass es friedlich zugehen wird. Und werde U-Bahnfahren an dem Tag wahrscheinlich vermeiden.









Samstag, 15. November 2008

Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? - Niemand! - Und wenn er aber kommt??

Man hört eher selten davon, wie gefährlich die Stadt Washington eigentlich ist. Mir war es selbst kaum bewusst, bevor ich dort hinzog, und der erste Ausflug mit dem Bus zum Supermarkt auch ziemlich schnell der Letzte seiner Art wurde. Es vermittelt einem einfach kein gutes Gefühl, wenn einen schon der Busfahrer fragt, was man denn hier will.
Abgesehen von Capitol Hill, der Gegend in der Mitte von Washington nahe des Capitols, und evtl. noch George Town, wo viele Politiker, Lobbyisten, und deren Mitarbeiter leben, möchte man in DC wirklich nicht alleine Nachts auf der Straße umherwandern. Das erschreckende ist auch, wie schnell man aus diesen "sicheren" Vierteln heraus, und in einen gefährlichen hineinwandert ist. Das typisch amerikanische Phänomen, dass die reichsten Stadtteile meistens direkt an die ärmsten grenzen, trifft wohl auch in diesem Fall zu. Bei Neuankömmlingen und Touristen sorgt dass immer wieder für nette Überaschungen, wenn diese sich zwei Straßen zu weit von ihrer Touristenattraktion wegbewegen. Wenn sie nicht gerade fassungslos oder zumindest sehr verlegen vor einer homeless shelter landen (in DC leben geschätzte 6000 Obdachlose), dann doch zumindest in einer Gegend, die so garnicht prunkvol, mächtig, prächtig und monumental aussieht wie der Teil der Stadt, in dem sie vor 5 Minuten noch waren.
Colbert I. King hat die Situation in einem Op-Ed piece in der Washington Post sehr schön zusammengefasst. Er vermittelt einen guten Eindruck von jenem Gesicht der Stadt, das die neue Präsidentenfamilie wohl nicht zu sehen bekommen wird am Beispiel einer Gegend, die nur wenige Minuten vom Weißen Haus entfernt liegt. Und wie schon gesagt, es gibt nicht viele Gegenden, die man in dieser Stadt als sicher bezeichnen kann. Das Washingtoner Police Department gibt einem auf seiner Webseite die Möglichkeit, die Verbrechensstatistiken auf einer Karte anschaulich zu machen. Wenn ich dort die Adresse meiner Arbeit eingebe (in unmittelbarer Nähe zum Capitol, in einer der "besseren" Gegenden), und mir dann die Verbrechen, die in diesem Jahr in 500 Fuß Umkreis (ca. 150m) passiert sind, anschaulich machen lasse, scheint es in der Tat so schlimm nicht zu sein: 3 Gewaltverbrechen (allerdings ohne Waffe; Glück gehabt) und 14 Eigentumsdelikte. Nun erweitere ich den Suchumkreis spaßhalber auf 1500 Fuß (ca. 457m): die Rate der Gewaltverbrechen schießt auf 35 hoch, die der Eigentumsdelikte auf 102. Während ich also den Umkreis verfdreifacht habe, haben sich die Gewaltverbrechen fast verzwölffacht (und nun waren auch einige mit Waffengewalt dabei).

Freitag, 14. November 2008

Weihnachtswunsch.

Gerade auf NPRs "All Things Considered" gehört: ein Interview mit New York Times executive editor Bill Keller, über das Buch, das die Times grade herausgegeben hat: The New York Times: The Complete Front Pages: 1851-2008. Das Interview ist sehr charmant und hörenswert, und kann auf NPRs Webseite als Podcast runtergeladen werden. Und durch das Buch habe ich jetzt auch endlich etwas, was ich auf meine Wunschliste für Weihnachten setzen kann. Liebes Christkind, kann ich bitte, bitte dieses Buch haben? Auch wenn es mich als absoluten communication studies nerd entlarvt?

Donnerstag, 6. November 2008

Einer geht noch.

Gerade ist mir doch noch was eingefallen, als ich mir das Video zu Sarah Palinanguckte, auf das bei Spreeblick aufmerksam gemacht wurde: Hätte McCain gewonnen, ich glaube tatsächlich, Kanada hätte mehr Zulauf als normal erfahren. In dem Video wird scherzend erklärt, dass die beiden Sänger nach Kanada auswandern werden, sollte Sarah Palin VP werden. Egal wie ernst es jetzt gerade diese beiden gemeint haben, es gab einige Amerikaner, für die das tatsächlich ein Thema war:
Eine Bekannte von mir lebt in einer homosexuellen Beziehung. Bei ihr zu Hause wurde mehr als einmal darüber gesprochen, auszuwandern, sollten McCain und seine Palin gewinnen. Kanada wäre natürlich das Land der Wahl gewesen, da es für sie am einfachsten wäre, dort einzuwandern, es nicht so weit weg ist, und die Sprache kein Hinderniss darstellen würde (auch wenn sie trotzdem früher oder später noch Französisch hätten lernen müssen).
Es ist wirklich traurig, wenn das einstmals freiste Land der Welt durch die Ideologie ein paar weniger seine eigenen Einwohner vergrault.
Auch andere Gespräche fallen mir ein, mit Leuten zum Beispiel, für die ein Job im Ausland nicht wirklich in Frage gekommen wäre, die nun aber doch zumindest Willens waren, nochmal darüber nachzudenken im Falle eines Sieges von McCain.
Auch wenn ich glaube, dass die wenigsten ihre Drohung tatsächlich wahr gemacht hätten, ein paar hier oder da hätten wohl den Schritt gewagt, und es wäre mit Sicherheit interessant gewesen, die Zuwanderungszahlen Kanadas über die nächsten Jahre hinweg zu beobachten. Zum Glück wird es ja nun aber doch nicht so weit kommen.

Na gut.

Ein paar Worte zur Wahl des 44. Präsidenten wären hier dann wohl doch angebracht. Viel gibt es, finde ich, nicht mehr zu sagen, es hat ja jeder, aber auch wirklich jeder, schon irgendeinen Senf dazu abgegeben.
Ich freue mich tierisch, dass Obama gewonnen hat. Hätte McCain und vor allem Palin gewonnen, ich wäre wahrscheinlich noch schneller als geplant wieder nach Europa gezogen. Aber nicht nur die Tatsache, dass McCain verloren hat, sondern die Tatsache, dass Obama gewonnen hat, und vor allem, wie deutlich er gewonnen hat, freut mich sehr. Ich hatte das Szenario ja schon vor Augen, dass es trotz aller Umfragewerte bei der Wahl knapp ausgehen würde, dass sich die Wahlauszählungen dann hinziehen würden, dass ich die nächsten Tage in der Arbeit nicht etwas ruhiger verbringen werde, sondern gestresst ohne Ende, weil sich einfach kein Gewinner feststellen lassen will. Und das war eigentlich das schöne, das schon lange vor Mitternacht Ohio an Obama ging, und damit die Wahl für McCain gelaufen war. McCain konnte Obama seine Glückwünsche aussprechen und halbwegs würdevoll von der Bildfläche verschwinden, und Obama konnte eine Rede halten, die zwar die gleichen Gefühle weckte wie seine früheren Reden - vor allem als er zu dem "yes, we can" Teil überging - die aber trotzdem nicht übermäßig pathetisch wirkte, oder versuchte, auf die Tränendrüse zu drücken. Feucht wurden meine Augen nur mal kurz, als ich Jessie Jackson da stehen sah, wie ihm die Tränenübers Gesichten rollten. Der Mann hat gelitten, unter der Gesellschaft, in der er aufwuchs.
Ich glaube auch nicht, dass Jessie Jackson heute eine Chance hätte, auch wenn Obama den Weg ein bißchen breiter gemacht hat. Obama ist für mich immer noch das Höchstmaß an schwarz, was viele hier vertragen können. Genauso wie Colin Powell, jemand, der zwar etwas dunkler ist, den man schwarz nennen kann, aber der von der Art wie er redet, von der Art wie er sich verhält, ein weißer ist. Condoleezza Rice ist die einzige wirklich dunkelhäutige, die es in die Wände des Weißen Hauses geschafft hat. Aber kann man sich nun eine Shaniqua als nächste schwarze Präsidentin vorstellen?

Sonntag, 26. Oktober 2008

Eva Herman schiesst den Vogel ab.

Bis jetzt war mir Eva Herman ja ziemlich egal. Sie ist freie Buergerin und kann meinetwegen machen was sie will, sagen was sie will, verklagen wen sie will. Aber ihre Parolen auf einer internationalen Plattform von sich zu geben - egal wie gross oder klein - da hoert's echt auf. Muss ich mich jetzt wirklich im Ausland fuer diese Frau schaemen und rechtfertigen und in Erklaerungsnot geraten? Da hat sie doch ernsthaft bei der Washington Post in die Kamera geschaut und erklaert, dass mehr und mehr Frauen arbeiten und dass das hart fuer die Kinder ist. Und dass eine Frau doch nicht traurig darueber sein sollte, wenn sie nach der Geburt zu Hause bleiben muss. Aaaahhhh!! Danke Frau Herman. Wir sollten wirklich alle ein bisschen mehr wie sie sein, alle paar Jahre heiraten und dann wieder scheiden lassen und so. Das sind die wahren Familienwerte. Ach, und zum Glueck waren Sie ja nie berufstaetige Mutter.
Was ist nochmal hypocrite auf deutsch??


Montag, 13. Oktober 2008

Eine Runde Kamillentee auf das deutsche Fernsehen.

So. Da hat es nun endlich mal gerumpelt im deutschen Fernsehen. Irgendjemand hat sich nicht so benommen, wie man das normalerweise eben so tut. Geht ja auch nicht! Das macht man einfach nicht, sich einfach so aus der Norm zu verhalten. Wo kommen wir denn dahin? Man sollte sich geehrt fühlen, einen Fernsehpreis verliehen zu bekommen. Aber manche Menschen sind eben wirklich undankbar. Muss an der Jugend von heute liegen.
Das deutsche Fernsehen, gerade ja das ZDF, demonstriert schließlich die gute deutsche Lebensart. Man darf ein bisschen informiert sein, aber nicht zu viel, man darf auf Grund der Information dann auch eine gebildete Meinung haben, die man mit vielen anderen Mitbürgern im Sportverein teilen kann, man darf auch ein bisschen unterhalten werden, vorzugsweise durch Musik zum Mitklatschen, wobei man hier und da wohl auch mal so einen neumodischen Comedian auf die Bühne lässt. Das geht schon, es darf halt nicht zu politisch sein.

Es ist wirklich eine Schande! Dass jemand mal vor Publikum sagt, "entschuldigung, das hier ist ganz schön scheiße", und schwups steht das ganze Land Kopf!!? So etwas gehört zu einem gesunden Medium dazu, und gerade zum Fernsehen. Was hat mein Lehrer mal erklärt? TV needs constant change, sometimes it's good change, sometimes it's bad. But the moment it stops moving, it will drown. Ja, wie wahr...
Leider ist das in Deutschland bei den großen Sendern bis heute noch nicht ganz angekommen. Denn Bewegung kommt nur rein, wenn man auch mal sein Maul aufmacht und etwas kritisieren darf. Darf man aber nicht, denn man hat seinen Job ja fürs Leben, steuert munter auf die verbeamtigung zu, und lässt am besten alles so wie es ist, man will ja nicht seinen eigenen Arsch riskieren. Ich glaube, wenn sie könnten, würden diese Menschen noch bis heute verbleites Benzin tanken, denn es hat ja immer ganz gut funktioniert, warum sollte man also umsteigen?
Und Spiegel Online postet noch munter einen Artikel in dem man dem Leser erklärt, wie faszinierend und kompliziert das deutsche Fernsehen ist. Äh, nee, sorry, ist es nicht. Aber vielleicht wird es es ja, wenn wir uns es lange genug einreden.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Update.

Mit blogging war nicht viel die letzten Wochen. Das lag unter anderem daran, dass ich umgezogen bin. Raus aus der Stadt. Mal ehrlich, back home in Germany bin ich das absolute Stadtkind, in der Stadt aufgewachsen, und konnte mich auch nie mehr davon losreisen. Und als ich mein großes Abenteuer hier in den Staaten erst begann, wohnte ich eher ländlich. Das war damals der absolute Schock für mich, man konnte nirgendwo hinlaufen, regelmäßig gab es Stromausfall, und was denn nun, wenn man den Krankenwagen oder die Polizei ruft? Die brauchen ja ewig bis hier raus!! Na gut, dann ging es nach Washington, und ich hatte meinen ersten Asthmaanfall, in den Nachrichten ging es jeden Abend darum, wie viele Leute letzte Nacht erschossen wurden, und ich wurde fast arm weil ich jedem Obdachlosen etwas Geld gab. Und das waren mehr als man sich nur vorstellen kann. Dazu kommt der Gestank vom Potomac River (jedenfalls hofft man, dass er von dort kommt), die depressiven dunklen U-Bahn Stationen, und irgendwann reichts dann einfach (wussten Sie eigentlich, dass Washington auf einem Sumpf steht? Einfach mal 2km weit aus der Stadt rausfahren, und man sieht es mit eigenen Augen). Und ohne Auto hat man trotzdem verloren. Am Anfang konnte ich ja wirklich nicht verstehen, warum meine Kollgen so unglaublich weit weg von der Arbeit wohnten. Irgendwann hat's dann aber auch bei mir geklickert. Zum Glück liegt Washington - für amerikanische Verhältnisse - nicht sooo weit von der Bucht genannt Chesapeake entfernt. Und noch besser ist, dass man hier ein ganzes Haus für billiger mieten kann als in der Stadt eine Miniwohnung im kommunistischen Plattenbaustil. So, damit habe ich jetzt hoffentlich genug gemotzt.
Was gibt es sonst noch zu erzählen? Meine Damen und Herren, die Zeiten sind schlecht! Es herrscht Krieg, und jetzt ist uns auch noch das Geld ausgegangen!! Das ist sehr übel für manche, vor allem für die, die jetzt ihre Jobs verlieren. Und man muss bedenken, dass man sich eine ganze Generation herangezüchtet hat, die alles auf "credit" kauft. Sprich: haben jetzt, zahlen später. Wohl in der Hoffnung, später mal mehr Geld zu haben als jetzt. Dass das nicht immer so ist, ist vielen wohl bis jetzt einfach nicht bewusst. Ich beschwere mich ja schon seit Jahren über das Städtelayout hier (siehe oben). Ohne Auto ist man verloren, öffentliche Transportmittel fallen entweder auseinander oder sind so gut wie gar nicht vorhanden, sprich, alles ist total zerfleddert. Und in die Infrastruktur wurde schon seit Jahren nicht mehr investiert. Ein guter Grund, einen SUV zu fahren ist hier ja schon der Zustand der Straßen: manche Löcher in der Fahrbahn sind so tief, dass niedrigere Autos einfach drin stecken bleiben.
Mit all diesem Gemotze, warum bin ich eigentlich noch hier? Die Frage habe ich mir erst kürzlich selber wieder gestellt, nachdem ich mich über die Personalabteilung mal wieder geärgert habe. Ein Grund ist wohl, dass ich der Meinung bin, dass der Arbeitsmarkt nicht für meine Art von Job strukturiert ist. Wenn man in den USA etwas kann, wird das auch dann anerkannt, wenn der Lebenslauf nicht so aussieht, wie ein deutscher Arbeitgeber ihn gerne hätte: 20 Jahre jung, männlich, 5 Jahre Berufserfahrung, und bitte auch keinen Studiengangwechsel. Was noch? Hier kann ich machen, was ich will, und es interessiert so ziemlich keinen. Na gut, das wären erstmal die ersten paar Gründe, die mir direkt einfallen. Wer weiß, ob es reicht. Europa hat schon auch so seine Vorteile. Zumindest stecke ich nirgendwo fest. Und wer weiß, wohin es mich als nächstes verschlägt?

Sonntag, 28. September 2008

Einen hab ich noch.

Wahnsinnig lustig fand ich diesen Sarah Palin Clip von Saturday Night Live:

http://www.nbc.com/Saturday_Night_Live/video/clips/couric-palin-open/704042/

Lustig machen tut er sich über dieses Interview:

Dienstag in der Arbeit.

Da unterhielt ich mich mit einer Kollegin über die Anhörung mit Paul, Bernanke und Cox,die gerade im Gange war. Und sie überlegte laut, warum eigentlich nicht alle Amerikaner jetzt gerade vorm Weißen Haus stehen und demonstrieren. Sie wäre mit dabei, wenn das noch so wäre, dass man demonstrieren geht.
Meine schnelle Antwort darauf war, dass die Generation, die früher auf die Straße ging und demonstrierte, genauso von der Konsumgesellschaft eingelullt worden ist wie die jüngeren Generationen. Alle sind fett, faul, haben einen inneren Zwang,bei der neuen Staffel von Lost von Anfang an mit dabei zu sein, machen sich Sorgen, weil sie sich habeneinreden lassen, dass MiniVans und SUVs das einige fahrbare sind, und sich jetzt nicht mehr leistne können, diese Fahrzeuge aufzutanken - dabei sind sie noch nicht mal abbezahlt. Was noch? Achja, Gewerkschaften jeglicher Art sind uncool, meiner Meinung nach ein Grund, warum die Löhne in den USA stagnierten, während Lebensunterhaltskosten fleißig anstiegen. Keiner zog die Notbremse, weil Amis es anscheinend peinlich finden, einen bestimmten Preis nicht bezahlen zu wollen. Ich finde es z.B. eine bodenlose Unverschämtheit, wenn ich mir Kabelfernsehen zulegen möchte, und der Kerl am anderen Endse der Leitung sich weigert, mir das stinknormale Standartpaket zu verkaufen. Stattdessen will er mir irgendein special andrehen, dass in 3 Monaten dass doppelte von dem kostet, was es urspünglich war. Wenn man dann sagt "nö, lass ma", kann man sich zumindest sicher sein, dass einmal im Monat jemand vorbeikommt und guckt, ob man nicht doch Kabel von Nachbarn stiehlt.

Aber der wahre Grund, warum niemand mehr auf der Straße steht und einen Aufstand baut? Kann es sein, dass die heutige Generation so ich-bezogen ist, dass jegliche Art von kollektivem Bewusstsein verloren gegangen ist? Das jeder meint, er ist alleine toller undbesser als in der Gruppe, und kann als Einzrlgänger deshalb mehr erreichen? Und wenn man so denkt, und unter dieser Wahrnehmung aufgewachsen ist, ist es dann nicht logisch, dass diese Generation keinen Sinn im Demonstrieren sieht?

Samstag, 26. Juli 2008

Was mir zu Obama einfällt.

Ein paar Notizen zu Obamas Rede in Berlin:

Während ich es irgendwie für vollkommen normal hielt, dass um die 200.000 Leute erscheinen um Obama zu sehen, waren meine amerikanischen Counterparts hier in Washington vollkommen überrascht von so einem Ansturm, und saßen wie gebannt mit offenem Mund vor dem Bildschirmen.

Ein paar wenige schienen mir fast feindselig in ihrer Beurteilung, so nach dem Motto "ist doch mir scheißegal wie viele Europäer da ankommen, die dürfen schließlich eh nicht wählen". Die meisten hatten jedoch ziemlichen Respekt vor dem, was sich da in Berlin abspielte, und das Gefühl, Zeugen eines Ereignisses geworden zu sein, über das man noch öfter sprechen wird.

Ein paar Leute merkten an, dass Obama nicht die gleiche Energie aufzubringen schien wie er das sonst in Reden daheim in den USA sonst schafft. Meine Einschätzung dazu ist, dass er mit Absicht einen etwas weniger dramatischen Ton gewählt hat. Denn die meisten Leute, die sich um die Siegessäule versammelt hatten, dürfen ja tatsächlich nicht wählen. Und er hatte eine nicht ganz einfache Gratwanderung zu bewältigen:
1. Ich denke, die anwesenden Europäer waren zum Großteil einfach neugierig rauszufinden (und vielleicht auch fühlen), warum Obama es schafft, die Massen in den USA so zu begeistern.
2. Deutsche sind keine Amerikaner. Ich glaube selbst bei besten Englischkenntnissen wäre es um einiges schwieriger die Ansammlung der Deutschen in Berlin emotional so zu bewegen, dass sie alle nur noch klatschen, heulen und "yes, we can" schreien. Das ist ein Stück Politikkultur, die wir in Deutschland so nicht mehr betreiben.
3. Obama durfte uns Europäer nicht zu sehr begeistern, denn das würde bei vielen Wählern hier eher negativ als positiv aufgenommen werden.

Der letzte Punkt war mir zuerst nicht bewusst und wurde mir von Bekannten erklärt. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr gelingt es mir jedoch dafür ein gewisses Verständnis aufzubringen. Wenn ein deutscher Politiker in den USA oder in Spanien oder sonstwo "zu" positiv augenommen werden würde, würde mich das auch irgendwie skeptisch machen. Ein Politiker sollte vorzugsweise im Ausland gemocht werden, aber wenn die Leute ihn (oder sie) dort mehr mögen als zu Hause, muss man dann nicht seine (ihre) Loyalität anzweifeln?

Montag, 21. Juli 2008

Aua.

Hab mir gestern erfolgreich meinen ersten Hexenschuss zugezogen. Wie gut dass ich keine Krankenversicherung hab, das erleichtert zumindest die Entscheidung ob ich zum Arzt gehen sollte oder nicht.

Ja, Her McCain, ich stimme ihnen zu, man sollte die armen Mittelstandsunternehmer, die den "backbone" der Gesellschaft darstellen nicht dazu zwingen, ihren Mitarbeitern Krankenversicherung zu geben. Die Idee, die 12 cent Benzinsteuer zu streichen ist viel besser! Und die Krankenversicherer lassen wir auch weiterhin als "for-profit" Organisationen agieren die ganze Abteilungen finanzieren, die sich nur darum kümmern, so viele Fälle wie möglich abzulehnen. Sind ja schließlich Arbeitsplätze.

Montag, 14. Juli 2008

Geld verdirbt den Charakter.


Da kommt man heute heim und guckt in die Post, und was sieht man da?

Geld von der Regierung!

Soll ich mich freuen und es sinnlos verprassen, oder komm ich mir ein bisschen verarscht vor? Liebe Untertanen, wir haben die Wirtschaft in Grund und Boden gefahren, aber das braucht euch nicht zu kümmern. Hier habt ihr einn bisschen Geld, geht und kauft euch was schönes! *auf den Hintern klapps und wegschick*

Ach was soll's. Wer hat Lust auf Bier? Ich geb ne Runde aus!

Mittwoch, 2. Juli 2008

Wie weit soll ein Auto fahren?

In einer Anhörung des "Select Committee on Energy Independence and Global Warming" befragte der Abgeordnete Edward Markey einen Gesandten der Bush Regierung: Tyler Duvall, Assistant Secretary for Policy des Department of Transportation zum Thema Benzinbverbrauchstandards für PKWs. Um neue Standards zu setzen, orientierten sich die Verantwortlichen an Benzinpreisprognosen, laut denen der Benzinpreis in acht Jahren etwas halb so viel betragen wird wie er es jetzt tut. Momentan bewegt sich der Preis um die $4.00 die Gallone, meistens sogar mehr als das. Die Prognose die für die Standards verwendet wurde, rechnet mit $2.42 für die Gallone in 2016. Der Höchstpreis pro Gallone in der gleichen Studie liegt bei etwas über drei Dollar. Wenn Markey nachfragte ob man sich denn nicht wenigstens an dem höhreren, immer noch unrealistisch erscheinendend Wert hätte orientieren sollen, erklärte Duvall, dass das keine gute Idee sei. Begründung: liegt man mit der Vorhersage falsch, sprich der Benzinpreis sollte wider Erwarten unter der Vorhersage liegen, würde das die Autoindustrie zu viel Geld kosten.
Dass aber die restliche Industrie eine Überlebenschance hätte wenn die Fahrzeuge nicht einen so hohen Benzinverbrauch hätten, scheint nicht so wichtig zu sein.

Samstag, 28. Juni 2008

Kurioses aus der US-Politik. Heute: Poststellen.

Wenn das Repräsentantenhaus zusammenkommt, diskutieren die anwesenden Politiker wichtige Dinge, die das Leben ihrer Bürger unmittelbar betreffen. Zum Beispiel, wie man den hohen Energie- und Lebensmittelpreisen entgegenkommt. Oder dass man dem Staat Minnesota zum150. Geburtstag gratuliert, weil es dort ein Spam-Museum gibt.

Aber es geht auch anders. Denn man ist ja nicht nur zum Spaßen da. Die 169.300 Dollar jährlich wollen schließlich auch verdient sein. Wenn die Stimmung des Tages so oder ähnlich ist,dann gibt esnur ein Thema, dass ernsthaft diskutiert werden kann:
Poststellen.
Die haben nämlich nicht automatisch Namen. Oft sind sie nur durch ihre Adresse auffindbar. Und das geht nun wirklich nicht. Da muss schon ein Erlass her.

H. R. 2563


AN ACT

To designate the facility of the United States Postal Service located at 309 East Linn Street in Marshalltown, Iowa, as the `Major Scott Nisely Post Office' .

    Be it enacted by the Senate and House of Representatives of the United States of America in Congress assembled,

SECTION 1. MAJOR SCOTT NISELY POST OFFICE .

    (a) Designation- The facility of the United States Postal Service located at 309 East Linn Street in Marshalltown, Iowa, shall be known and designated as the `Major Scott Nisely Post Office' .
    (b) References- Any reference in a law, map, regulation, document, paper, or other record of the United States to the facility referred to in subsection (a) shall be deemed to be a reference to the `Major Scott Nisely Post Office'.

Passed the House of Representatives June 18, 2007.


Hiermit stelle ich eine Herausforderung an alle drei Leute, die diesedn Blog bisher vielleicht gelesen haben: findet die unnötigsten und unglaublichsten Gesetzentwürfe und Diskussionen aus eurem Heimatland oder aus dem Land, in dem ihr euch momentan aufhaltet, und postet sie hier. Zu gewinnen gibt es nichts, außer der Anerkennung der anderen zwei Lesern.

Dienstag, 10. Juni 2008

Who is Scott McClellan?

McClellan war Pressesprecher für Bush und das Weiße Haus von 2003 bis 2006. Jetzt hat er ein Buch geschrieben, in dem er mit beiden nochmal gehörig abrechnet.
Daraufhin wurde er aufgefordert, vor demKongress auszusagen. Meiner Meinung nach hat das Ganze zwar nicht wirklich viel gebracht - McClellans republikanische Kollegen sind alle sauer auf ihn, und die Demokraten loben ihn, weil er so mutig war - aber weder im Kongress noch im Weißen Haus wird sich durch seine Aussagen irgendetwas ändern.
Ein Moment während des Verhörs blieb mir aber trotzdem in Erninnerung. King, selbst Republikaner, stellte McClellan ein paar Fragen , wohl um seine Glaubwürdigkeit zu testen oder in Frage zu stellen. Nach ein paar Minuten erschien King plötzlich extrem frustriert und meinte nur noch, ob McClellan denn dem Land nicht einen Gefallen hätte tun können, und diese Dinge einfach mit ins Grab hätte nehmen können. In dem Land, in dem jeder, aber auch jeder, die Erlaubnis hat seinen Mund aufzumachen und zu sagen was ihm gerade einfällt, so eine Äußerung zu machen, ist schon echt bemerkenswert.

Das ganze Verhör kann man übrigens hier nachlesen.

Sonntag, 25. Mai 2008

LP.

Heute ist Libertarian Party Convention in Denver. Die Libertarian Party ist eine dritte Partei in den USA, sozusagen der Versuch, ein Gegengewicht zu den einzigen zwei Parteien, die hier das Sagen haben, zu schaffen. In letzter Zeit sind immer wieder Demokraten und Republikaner zu ihnen übergelaufen, weil sie mit ihrer Partei unzufrieden waren. Und Ron Paul, der gegen McCain und Konsorten in den Republican Primaries angetraten war, ist eigentlich von seiner Gesinnung her auch eher Libertarian. Warum er dort nicht ins Rennen ging, ist mir leider vollkommen unklar. Bob Barr, einer der Kandidaten (update: er hat die Nominierung gewonnen), war sogar Mitglied des Kongress von 1995-2003, als Republikaner vertrat er dort einen Teil von Georgia.
Manche Libertarians können solche Überläufer ganz und gar nicht leiden. Bestes Beispiel meiner Meinung nach: Christine Smith (überhaupt gebe ich dieser Frau den Preis für "beste Unterhaltung des Abends"). Anschauen lohnt sich. Wirklich.
Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben.
Leider ist selbst den Mitgliedern der Partei nicht vollkommen klar, wofür sie eigentlich stehen. Freiheit wollen sie, das Recht, Waffen zu tragen, und so ziemlich absolute Selbstbestimmung auf lokalem Level. Manche setzen sich extrem für Schwulenrechte ein, andere für die Legalisierung von Marihuana. Die Tendenzen der Selbstbestimmung gehen bei manchen so weit, dass sie eigentlich schon regelrechte Anarchie fordern. Wobei die Formierung einer Partei und Anarchismus ja eigentlich ein Oximoron darstellen. Wer sich genauer informieren möchte, kann das auf der Webseite der Partei, lg.org, tun.
Es gibt übrigens noch weitere Parteien in den USA. Die Consitution Party und die Green Party zum Beispiel. Und dann gibt es natürlich noch die Independents, praktisch die freien Wähler Amerikas. Für die geht dieses Jahr mal wieder Ralph Nader ins Rennen.

Donnerstag, 22. Mai 2008

Kurnaz sagt aus.

Nur kurz zu Herrn Kurnaz. Ein bisschen was ist ja von den deutschen Medien darüber berichtet worden. Er sagte vor dem House Foreign Affairs Committee aus. Wer sich seinen eigene Meinung bilden möchte, kann sich die Anhörung hier ansehen. Kurnaz' Aussage beginnt nach 1Std. 37 min.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es durchaus normal ist in diesen Anhörungen, dass nicht alle Mitglieder des Ausschusses anwesend sind, und dass andere kommen und dann wieder gehen, weil sie an einer anderen Anhörung teilnehmen müssen, oder für bzw. gegen einen Gesetzesentwurf stimmen müssen usw.

Montag, 19. Mai 2008

Nur mal kurz hallo sagen.

Momentan ist leider viel zu viel los und ich komme überhaupt nicht zum Schreiben.
Ein Geständnis wollte ich aber doch noch schnell ablegen. Die Sendung Eli Stone auf ABC, schrecklich wie ich sie am Anfang fand, mit ihren klischeeartigen Charakteren und absolut vorhersehbaren, schlechten Dialogen, ist mir mittlerweile absolut ans Herz gewachsen. Wahrscheinlich bin ich der einzige Zuschauer, der sich diese Sendung überhaupt ansieht, und noch dazu auch noch so regelmäßig.
Aber die Dialoge werden wirklich immer besser.

Samstag, 8. März 2008

Nur mal so am Rande

War gestern im Kino (völlig überteuert, aber das ist eine andere Geschichte). Die Vorschau zu diesem Film war echt lustig, vor allem weil sie so unglaublich politisch inkorrekt war. Hoffentlich bewahrheitet sich die alte Regel ausnahmsweise mal nicht, dass der Film nie lustiger als die Vorschau wird. Daumen drücken!!

Mittwoch, 5. März 2008

Bernie bringt's auf den Punkt

Auch wenn man bei seiner zugespitzten Formulierung schon fast wieder meinen muss, der Bauernaufstand stünde kurz vor der Tür - auf seine eigene schrullige Art spricht er wohl doch so einigen aus der Seele:

http://www.sanders.senate.gov/news/record.cfm?id=294241

Dienstag, 4. März 2008

Ohio, Texas

Heute sind dann auch Vorwahlen in Ohio und Texas (und Rhode Island und Vermont, aber die sind eh egal)... eigentlich ist es vollkommen wurscht, wer heute bei den Demokraten die meisten Delegierten einsammelt. Hillary wird einen Grund finden im Rennen zu bleiben. So sehr sie mir auf die Nerven geht, sie kann meiner Meinung nach tatsächlich gute Gründe aufführen, weshalb sie weitermachen sollte. Vor allem wenn man so "competitive" ist wie sie. Im Endeffekt geht es wohl aber doch um eine Gewisse Würde, die man beibehalten sollte. Je länger sie im Rennen bleibt, und je mehr sie verliert, desto verzweifelter wird sie auf die Bevölkerung wirken. Ihr Mann sagte bereits, dass sie Ohio und Texas gewinnen muss, um einen Grund für's Weitermachen zu haben. In ihrem eigenem Camp wird angeblich ebenfalls schon geflüstert, dass sie ans Aufgaben denken sollte.
Aber wir reden von einer Frau Clinton, einer Frau, die durchaus Methoden kennt, um das zu erreichen was sie sich vorgenommen hat. Sollte sie weitermachen, und es tatsächlich schaffen, die Nominierung zu bekommen, wäre das ein trauriger Tag für die Demokratie. Dann wäre die Nominierung höchstwahrscheinlich nicht erfolgt, weil besagter Kandidat die meisten Stimmen der Wähler erhalten hat, sondern weil "backroom deals" und fragwürdigere Methoden zum Sieg verholfen haben.
Verliert sie heute, wäre das ein guter Zeitpunkt für sie, eine richtig tolle, emotionsgeladene Rede zu halten, in der sie den Wählern unter Tränen erklärt, dass es das beste für die Partei und die Nation sei, dass sie aus dem Rennen aussteigt.
Damit würde sie Würde zeigen und ihr Gesicht bewahren, und sich für den nächsten Wahlkampf schon mal in Position bringen; sei es im Senat oder in vier Jahren in der nächste Präsidentschaftswahl.

Dienstag, 19. Februar 2008

Warum kann Deutschland nicht mehr träumen?

Wann traf eigentlich dieser Zeitpunkt ein? Dieser Moment, in dem aus dem Land der Dichter und Denker das Land der Zyniker und Schlechtmacher wurde? Was ist der Grund, weswegen wir der anderen Nation, dem "Super-Power" böse Intentionen vorwerfen, egal was sie auch tut?
Ich dachte heute, ich tue mir etwas Gutes, und leiste mir den Spiegel, hier käuflich für acht Dollar zu erwerben. Ein Stück alte Heimat, kann ja nie Schaden. Der Chefredakteur hat gewechselt. Mal sehen, ob sich tatsächlich was getan hat. Man erfährt von dem Wechsel an der Spitze auch sofort auf den ersten Seiten. Man gesteht dem Leser sogar ein, dass man manche Dinge besser hätte machen können. Oh, denke ich mir, während ich genüsslich meinen "Gyro" verschlinge (ja, heute war Verwöhntag), es tut sich doch noch was! Da räumt doch tatsächlich jemand einen Fehler ein! Nun ja, leider war es das dann auch schon, zu mehr als diesem einen Satz kann man sich dann doch nicht durchringen. Was genau man im Nachhinein wohl ihrer Meinung nach anders hätte machen können oder sollen, wir werden es wohl nie erfahren. Dafür wissen wir jetzt alle, dass der Spiegel das auflagenstärkste Nachrichtenmagazin in Europa ist. Und ich frage mich, ob außer dem Spiegel irgend jemand auf diese Zahl stolz sein sollte. Würde die Bild ein Nachrichtenmagazin rausgeben, es wäre wohl eine ernste Konkurrenz. Das wäre vielen Menschen wahrscheinlich sogar peinlich.
Noch immer frohen Mutes blättere ich also fix weiter zur Titelgeschichte. Über Barack Obama. Der Messias-Faktor steht da. Und ich wundere mich. Wie schlecht kann man über Barack schreiben, wenn man Bush so gehasst hat? Wie anders muss ein Kandidat sein, um einen Journalisten vom Spiegel zu überzeugen? Naja, Barack hat es auf alle Fälle nicht geschafft. Einen krasseren Gegensatz zum jetzigen Präsidenten könnte er kaum darstellen. Trotzdem versucht man noch verzweifelt, Parallelen zu finden. Wieso? Viel fällt mir nicht ein. Clinton hat in den deutschen Medien Rockstar-Status. Denn ihr Mann war der beste Präsident überhaupt. Obama kandidiert gegen sie, also sind wir gegen Obama. Anders kann ich mir den Gedankengang leider nicht vorstellen.
Die deutschen Medien zählen eine Reihe von Argumenten gegen Obama auf. Und wenn ich nicht ständig das Gefühl hätte, genau die gleiche Argumente letzte Woche erst auf CNN von einem Clinton-begeisterten Journalisten gehört zu haben, würde ich wohl an dieser Stelle versuchen, mich mit diesen Argumenten kritisch auseinanderzusetzen. Das haben aber schon viele vor mir getan. Vielleicht schafft es ja mal einer dieser bezahlten Journalisten, das Gleiche für seine Leser zu tun.
Eines jedoch fand ich bemerkenswert, diese Botschaft die ich immer wieder zwischen den Zeilen entdecke: man kann ihm nicht trauen. Die Art, wie er die Massen begeistert, ist Beängstigend. Die Leute sehen ihn nicht kritisch genug.
Und genau deswegen wünsche ich mir, man würde mal einen Auslandskorrespondenten anheuern, der tatsächlich mit Land und Kultur vertraut ist. Nicht jemanden, der gerade noch in Russland war und jetzt seine Landsleute über die USA informieren soll.
Natürlich ist es gut, sinnvoll, richtig, neuen Dingen skeptisch gegenüber zu stehen. Aber ist es so dramatisch, dass Obama Begeisterung hervorruft bei den Massen? Ich habe mir die Frage wirklich lange gestellt. Ich hasse Menschenaufläufe. Politiker mag ich auch eher selten. Glauben tu ich ihnen zumindest so gut wie nie. Rede um Rede habe ich mir von ihm angehört (nicht unbedingt freiwillig, eher berufsbedingt); vom Anfang bis zum Ende. Ja, wenn er das sagt was er meint, Recht hätte er schon, dachte ich am Anfang. Dann wurde die Skepsis immer Größer. Was für einen Grund habe ich, diesem Kerl zu vertrauen? Ist ja doch nur wieder irgendein Politiker. Keiner weiß was über ihn. Ich lass das Ganze einfach wieder. Ist ja eh egal. So nach und nach hat man dann doch immer mehr über diesen Menschen erfahren. Und so nach und nach wurde es immer interessanter. Jetzt waren es nicht mehr nur Reden. Die waren zwar toll, aber sooo begeistert haben sie einen dann doch nicht. Nein, da oben stand ein Mensch, mit dem man sich identifizieren konnte. Ich auf meine Weise. Weil ich mehr wollte. Weil ich gute Erziehung hatte, weil ich falsch von richtig unterscheiden kann, oder mich zumindest anstrenge, dies zu tun, und das von anderen auch so erwarte. Weil ich trotzdem nie das Gefühl hatte, so richtig dazu zu gehören. Weil ich wahnsinnig gut in der Schule war, aber irgendwie nie gut genug. Weil ich irgendwann nach Amerika ging. Weil ich dort sein konnte wie ich wollte, und das werden konnte, was ich werden wollte. Weil ich nicht glauben kann, dass man diese Möglichkeit nicht überall hat. Weil es mich um so mehr verwirrt, dass ein Land, dass auf großartigen Prinzipien aufgebaut wurde, so abgeglitten ist. Dass irgendwas einfach nicht mehr stimmt, und dass man dieses Irgendwas aufhalten muss, bevor es zu spät ist. Und da steht der Eine, der das alles in Worte fasst. Der Probleme richtig zu kategorisieren weiß. Der beide Seiten kennengelernt hat. Der sich irgendwann aufgerappelt hat, um doch noch das Richtige zu tun. Das ist das schöne an Amerika. Man kann immer nochmal anfangen. Und so erklären uns die deutschen Medien, dass seine politische Karriere in Deutschland ja undenkbar wäre. Ist das nicht schade? Sollte da nicht vielleicht mal was geändert werden? Ist es wirklich ein Generationenwechsel in einer Firma, wenn der alte Chef, Ende 50, geht, und der neue schon Mitte 40 ist?
Spiegel Online erklärt uns, dass man sich gewaltig umschauen wird, sollte Obama jemals ins Weiße Haus gelangen. Wie gut, dass dieser Redakteur das schon weiß. Und warum? Weil das alles zu schnell geht. So geht das nicht. Was hat denn die gute alte Tradition, das Langsamtun den Deutschen gebracht? Eine riesen Steuerhinterziehungsaffäre. Wie gut, dass diese Manager so lange gebraucht haben, um in ihre Spitzenposition zu gelangen.
Aber ich will das gar nicht als Gegenbeispiel anführen. Die Medien scheitern einfach daran, das Phänomen Obama zu verstehen. So ganz verstehen es ja nicht mal die Amis. Wie soll es ein Außensteher denn begreifen? Nur so viel: in Obama haben viele Menschen einen Kandidaten gefunden, der ihre Probleme in Worte fasst. Der begreift, um was es geht. Ist es problematisch, dass er die Reden von Martin Luther King und Konsortien als Vorlagen nimmt, um seine eigenen Reden zu entwerfen? Ich würde behaupten, es ist schlau. Wie bilde ich mich denn fort? Ich sehe nach, was andere vor mir getan haben, und orientiere mich an deren Beispiel. Viele Menschen haben versucht, Reden wie MLK zu halten. Das hat sie nicht zu dem Redner gemacht, wie Obama einer ist. Jemand, dem man zuhören kann. Dem man als Amerikaner glaubt. Nicht weil alle Amis dumm sind. Sondern weil er ihnen aus der Seele spricht, und sie anspricht. Es ist in diesem Vorwahlkampf nicht seine Pflicht, die Europäer anzusprechen.
Reifen wahre Ideen wirklich nur hinter verschlossenen Türen, wenn eine handvoll Auserwählter, mit dem richtigen Lebenslauf, sich miteinander auseinandersetzen (und tun sie das wirklich?)? Oder kann es vielleicht, nur vielleicht, möglich sein, dass ein Mensch durch seine Lebenserfahrung, durch seine Erziehung und Bildung, und mit Hilfe seines eigenen Intellekts, zu guten Ideen kommt? Nicht im Gespräch mit einem Partner, der ebenfalls zumindest Politologie studiert hat, sondern im Gespräch mit Freunden und Familie. Oder sind solche Dinge einfach komplett auszuschließen?
Und wäre es denn tatsächlich so schrecklich, ein Staatsoberhaupt zu haben, das in der Lage ist, die Menschen zu inspirieren? Oder ist es nicht sogar seine Pflicht? In Amerika zumindest ist die Kommunikation zwischen Präsident und Volk extrem wichtig. Präsidenten, die darin versagt haben, sind meistens ziemlich unehrenhaft aus ihrem Amt geschieden. Siehe Hoover. Siehe Bush in einem Jahr.
Natürlich ist es nur richtig, dass man gerade in Deutschland solchen Menschen, die die Massen anziehen, und die Macht haben, sie zu tausenden inspirieren und motivieren, mit Skepsis gegenüber steht. Schließlich weiß Deutschland wohl am besten, wo so was hinführen kann. Aber ist es Grund genug, oder Entschuldigung genug, an gar nichts mehr zu glauben? In Zynismus zu verfallen? Zu glauben, dass Inspiration nicht auch für gute Zwecke verwendet werden kann? Wieso dann sich nicht einfach den Kummer sparen, und Gestalten wie den Dalaih Lama dort lassen wo er ist? Ist uns Tibet wirklich so viel wichtiger wie z.B. Darfur? Oder könnte es sein, dass der Dalaih Lama uns inspiriert? Nur ein bisschen? Und wir uns deswegen für ihn bewusst Ärger mit den Chinesen einhandeln? Niemand kann vorhersagen, was Barack Obama machen wird, sollte er ins Weiße Haus gelangen. Man sollte aber zumindest die Chancen auch einmal im Guten suchen. Denn wenn er auch nur eines geschafft hat, so hat er Tausende von Menschen, die sich dem Schicksal ergeben haben, die sich niemals mehr politisch engagieren wollten, aus ihrem Schlaf erweckt. Und Diskussionen angeregt. Und nach sieben Jahren Depression kann es nicht schaden, mal wieder miteinander zu reden. Und nach vorne zu blicken.